Gefahren durch negative Ideologien


 

Negative Ideologien neigen zur Behauptung einer Gesetzmäßigkeit in der Geschichte, zur Einrichtung totalitärer Herrschaften, zur Missachtung von Grund- und Menschenrechten und zum Missbrauch einer Ideologie zur Rechtfertigung der Anwendung von Gewalt.
 


 

Behauptung einer Gesetzmäßigkeit im Ablauf der Geschichte  


 

“Dem Andenken ungezählter Männer, Frauen und Kinder, aller Länder, aller Abstammungen, aller Überzeugungen, Opfer von nationalistischen und kommunistischen Formen des Irrglaubens an unerbittliche Gesetze eines weltgeschichtlichen Ablaufs”. 


 

Diese Widmung stellt Karl Popper seinem Buch "Das Elend des Historizismus" (Erstausgabe: "The Poverty of Historicism", 1957) voran. Der Historizismus (nicht zu verwechseln mit dem Historismus, einer geschichtswissenschaftlichen Strömung, die geschichtliche Ereignisse vor allem nach den Maßstäben der jeweiligen Epoche interpretiert) nimmt an, dass der Menschheitsgeschichte ein grundlegendes Gesetz zugrunde liegt, das den geschichtlichen Ablauf in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft maßgeblich bestimmt. Je nach der Ausgangsideologie kann dies z. B. "die Manifestierung des Willens Gottes", "das Gesetz der Klassenkämpfe" oder "das Gesetz der Rassenkämpfe" sein. Am Ende der geschichtlichen Abläufe steht jeweils eine diffuse Utopie, wie z. B. "das Reich Gottes", "die klassenlose Gesellschaft" oder "die vollendete rassenreine Volksgemeinschaft". Da diese historischen "Gesetze" als jeweils naturnotwendig, also unausweichlich gelten, besteht die Tendenz, ihnen durch entsprechende Maßnahmen "entgegen" zu arbeiten. Dies hat die bekannten Handlungsanweisungen der Intoleranz und Gewalt zur Folge.

Popper beschreibt dies mit dem Satz:

„Der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, produziert stets die Hölle“. 


 


 

Einrichtung totalitärer Herrschaften

Im Bestreben, einem historischen "Gesetz" zum Durchbruch zu verhelfen, bzw. die zeitgeschichtliche Realität diesem Gesetz "anzupassen", müssen all jene, die an das jeweilige "Gesetz" nicht glauben wollen, dazu bekehrt werden - wenn nötig mit Gewalt. Eine demokratische Staatsverfassung ist dafür aber nicht das richtige Umfeld, denn eine Pluralität der Meinungen steht der Gleichschaltung der Meinungen entgegen. Dies wurde auch vom selbsternannten "Programmatiker" und "Politiker" in einer Person, Adolf Hitler erkannt. In seiner Programmschrift "Mein Kampf" stellt er deshalb bereits 1925 die Forderung nach einem straff geführten zentralistischen "Führerstaat" auf. Diesen konnte er nach der Machtüberlassung durch die damaligen Politiker im Jahre 1933 in atemberaubender Geschwindigkeit verwirklichen. 
Noch im Laufe des Jahres 1933 wurde die NSDAP als einzige Partei zugelassen und die Neugründung von Parteien verboten.  Bis 1934 waren die deutschen Länder gleichgeschaltet und die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Organisationen auf die Parteilinie der NSDAP gebracht. Die ehemals pluralistische Gesellschaft war damit abgeschafft. Dies alles geschah natürlich in Übereinstimmung mit der allein gültigen nationalistischen Rassenideologie und zum "Wohle des deutschen Volkes".   


 

Ähnlich lief es beim Übergang vom Bolschewismus zum Stalinismus in der Sowjetunion. Die Ideologie bestand in einer forcierten Industrialisierung um jeden Preis, um das Land zu einer starken Großmacht zu machen, von der die "sozialistische Weltrevolution" ausgehen sollte. 
Stalin beseitigte zunächst alle unmittelbaren Konkurrenten, vor allem Trotzki, um danach ein beispielloses Terrorregime zu errichten, das Millionen von Toten kostete.


 

Beide Hauptideologien des 20. Jahrhunderts errichteten diktatorische Führerstaaten, die durch pausenlose Propaganda, brutalen Terror durch Justiz und Konzentrationslager sowie durch eine praktisch jeden bedrohende Geheimpolizei ihre "Volksgenossen" einer nahezu totalen Kontrolle unterwarfen.  


 


 

Missachtung von Grund- und Menschenrechten


 

Dies ist die logische Folge von dogmatischer Ideologie und totalem Staat. Da es um den Besitz der absoluten Wahrheit geht und jegliche Kontrollinstanzen fehlen, muss auf irgend welche individuellen Grundrechte keine Rücksicht genommen werden. Dazu kommt noch, dass es um das "große Ganze" geht, also um die Verwirklichung der "idealen Gesellschaft" und um die "Weltherrschaft", und nicht um das einzelne kleine Individuum. Der Einzelne zählt nichts, das "Volk", die "Klasse" dagegen alles.


 


Im nächsten Kapitel geht es um Beispiele in der Geschichte und Gegenwart für den Missbrauch von Ideologien zur Rechtfertigung von Gewalt, Aggression und Unterdrückung.